Aus der Tiefe rufe ich zu Dir. Gotteserfahrung & Teufelsküche
13.09.2014 - 23.11.2014
Haus für Kunst Uri
Die grossen Fragen zu Leben und Tod, die Fragen zur Existenz von Mensch, Tier und Natur beschäftigen die Menschheit seit jeher. Mittels Mythen, Ritualen, künstlerischen Gestaltungen und Musik sucht der Mensch das Unbegreifliche und das Dasein zu ergründen und zu erklären. Gleichzeitig sucht er durch die geistige Kraft der Kunst den Weltengang sowie das Schicksal zu beeinflussen aber auch hinzunehmen sowie Mystik und Transzendenz zu erfahren.
Die Kulturerzeugnisse aus der Vergangenheit bis heute widerspiegeln die Aufgaben und Glaubensbekenntnisse wie auch die Erkenntnisse, die Sehnsüchte, Hoffnungen, Ängste und Nöte des Menschen. Sie tragen bei zur Daseinsbewältigung. Kunst hilft, heilt und tröstet. Zugleich vermögen Kunstwerke als Mittel zu Machtausübung und Repression den Menschen zutiefst zu verunsichern und in die Zerstörung zu treiben.
Die Gruppenausstellung Aus der Tiefe rufe ich zu Dir. Gotteserfahrung & Teufelsküchesucht im traditionellen Innerschweizer Umfeld, im Kulturschaffen des Kantons Uri wie auch in der modernen und zeitgenössischen Welt nach eindringlichen Zeugnissen und Zeugen der menschlichen Auseinandersetzung mit dem Dasein. Dass die kulturellen Zeugnisse nicht nur dem Kult dienen und Strukturen übermitteln, sondern ebenso Grenzen ausloten und überschreiten, ist Teil der Auseinandersetzung, wie auch die Notwendigkeit des Menschen, im Rahmen des Kultischen und der Beschwörung dabei zu sein.
Es sollen dabei nicht nur Werke der modernen und zeitgenössischen Kunst präsentiert werden, sondern ebenso Werke aus vergangenen Jahrhunderten, wobei der sakralen Volkskunst der Region, somit auch der Volksmedizin besonderes Augenmerk zukommt.
Kunstschaffende: Anonymus, Ian Anüll, John Armleder, Hugo Ball, Heidi Bucher, Eugen Bollin, Dirk Bonsma, Charlatan mit Jean-Damien Fleury, mit Christiane Hamacher, Isabel Moesch und Elke Pahud de Mortanges, Heinrich Danioth, Wim Delvoye, Mauricio Dias & Walter Riedweg, Federico Fellini, Florian Germann, Eduard Gubler, Michael Günzburger, Roland Herzog, HOIO, Peter Hujar, Christian Kathriner, Isabelle Krieg, Carlo E. Lischetti, Urs Lüthi, Gertrud von Mentlen, Josef Felix Müller, Matt Mullican, Meret Oppenheit, Eugen Püntener, David Renggli, Augustin Repetez, Loredana Sperini, André Thomkins
RADICES AGERE - Wurzeln schlagen
Spekulationen über einen magischen weissen Garten, 2014
Der Themenbereich der kulturellen Auseinandersetzung des Menschen mit seinem Dasein in den lichten als auch dunklen Sphären wurzelt in der cultura: dem Pflegen, Pflanzen, Anbauen und der Verehrung.
Radices agere, der temporäre Garten in Altdorf will mit einer Vielzahl Pflanzen Wurzeln schlagen. Sie entstammen der Heilkunde und Magie und beschwören eine uralte Tradition herauf, die Heilwerdung, Sinngebung und Erkenntnis mit unterschiedlichsten Mitteln anvisiert. Auch die dunklen Seiten dieser Kunst sind vorhanden, da die Pflanzen im Garten nicht nur heilen und schützen, sondern auch Lust, Rausch und mystische Einsicht gewähren, wie auch, als wilde, unkontrollierbare Medizin, Anarchie, Verwirrung und letztendlich auch Tod bringen können. Oft ist es die richtige Anwendung und Dosis, die darüber bestimmt, ob Nachtschattengewächse - Alraune, Bilsenkraut oder Engelstrompete - heilend oder zerstörerisch wirken. Sie allesamt stehen, gemeinsam mit dem Eisenkraut, der Salbei, Minze oder Brennnessel, in einer langen Tradition einer einstigen Naturreligion, wo sich Wissen, Glauben und Magie vereinen. Kein bukolisches Wesen somit, das uns ruft und in ein paradiesisches Dasein verführen möchte. Vielmehr magische, weisse Pflanzen und Kräuter auf einer ephemeren Passage im Zeitraum einiger Wochen, mitten unter Bauelementen, Gerüsten und Sitzmöglichkeiten, um hier in unserem Geist und unseren Sinnen Wurzeln zu schlagen und zu wirken, mit der Notwendigkeit, die Samen in alle Winde zu verwehen.
Vom Delphinbrunnen des Haus für Kunst Uri rankt sich Hopfen zum Balkon hinauf und verwandeln den Ort zu einer geheimnisvollen Grotte oder Trinkhalle. Hier kann Wasser, mit Duft- und Kräuterpflanzen aromatisiert, genossen werden. Begleitet werden wir vom Flüstern einer Föhre.
Ein Bauschild mit Angaben zum möglichen magischen Garten ist im Rosenbeet aufgestellt.